Rückschlüsse auf das Leben - Dardas Philosphie der Kunst und die geistige Wandlung der Gesellschaft
Bad Reichenhall.
Seit 19 Jahren lehrt Alfred Darda an der
Bad Reichenhaller Kunstakademie. Sein 20. Jubiläum will er vom
29. Juni bis 4. Juli 2020 in der Städtischen Galerie im Alten
Feuerhaus mit der Bevölkerung feiern. Mit einem kostenlosen
Workshop "Wer selber malt, sieht und erlebt mehr" möchte er
aufzeigen, dass Kreativität in jedem Menschen steckt, und es keine
Hierarchie zwischen Laien und Künstlern gibt.
An einem Kurs im November nahmen so bekannte Künstlerinnen
wie Barbara von Johnson, die Zeichnerin des berühmten Pumuckl, teil. Die
Heimatzeitung hat Alfred Darda in den Räumen der Kunstakademie
besucht.
Darda gründet seine Philosophie auf die Aussage Schillers, dass
das absichtslose Spiel für das Menschsein wichtig ist und die
Freiheit von Notwendigkeiten mit sich bringt. Die Rückbesinnung
auf die Schöpfung als wichtigsten Teil der künstlerischen Arbeit sei
wichtig, so Darda, denn allein mit der Intelligenz und Ratio könne
der Mensch nicht schöpferisch sein.
Ein Geschenk von höheren Kräften
Die Arbeiten der Studierenden sind abstrakt, sogenannte
Chaosbilder, entstanden durch einen "zufälligen" schöpferischen
Prozess, den der künstlerische Mensch vorbereitet und dann
zulassend beobachtet, was geschieht. Zum Beispiel können durch
die Kombination von Fragmenten, wie Papierfetzen, Gestalten
hervorgebracht werden, sodass ein Ganzes entsteht. Der
schöpferische Prozess wird zum Inhalt.
Der Mensch lasse die Schöpfung staunend zu und werde zum
Beteiligten. Durch dieses Zulassen sei auch die Natur beteiligt, und
die Subjekt-Objekt-Trennung werde aufgehoben, erklärt Darda. Ihm
ist die Wechselbeziehung zwischen den einzelnen Teilnehmern und
dem gemeinsamen Wir der Gruppe ein Anliegen. In der
Gemeinschaft finde man einen Maßstab, der heißt: "Ich bin, weil wir
sind. Wir sind, weil ich bin."
Er hält auf ein abstraktes Chaos-Bild einen kleineren Passepartout
und verschiebt ihn, wodurch verschiedene Ausschnitte hervortreten,
und zwar so lange, bis die Gruppe sich einig ist und eine
gemeinsame Entscheidung über das Ergebnis trifft. Durch den
äußeren Rahmen und das innere gemeinsame Bekenntnis zum
"Wie" des Entstehens, entdeckt die Gruppe eine tiefe Freude an
dieser Schöpfung. "Da treffen Kräfte aufeinander, die über die
menschlichen Kräfte hinausgehen, die aus der universellen
Schöpfung selbst kommen." Für Darda und seine Studierenden ist
klar, dass dieser gemeinsame Nenner nicht er-, sondern nur
gefunden werden kann.
Aus diesem schöpferischen Vorgehen komme die Erkenntnis, dass
diese Bilder Gleichnisse sind, die Rückschlüsse auf das Leben
zulassen. All dies habe nur einen Sinn, wenn es zur (Über)-
Lebenskunst führe, ist Darda überzeugt. Daher tritt der dekorative
hinter dem spirituellen Aspekt in den Hintergrund, weil der Künstler
sich keiner menschlichen Ansicht, sondern nur dem universellgöttlichen
Gesetz unterwerfe. Der Mensch erhalte von den höheren
Kräften ein Geschenk: nämlich das durch den kreativen Prozess
entstandene Kunstwerk, das mit einer bewussten Planung so nicht
hätte entstehen können. Als Beispiel zeigt Darda das Bild eines
zufällig entstandenen Igels. Die Künstlerin wollte nur grundieren.
Dabei ist ein Igel entstanden, der überzeugender war als jeder Igel,
den man absichtlich gemalt hätte.
Der Künstler könne dann ein assoziativ auftauchendes Thema
behutsam verstärken, indem er etwa einen Punkt hinzufügt oder
eine Form entsprechend farblich und inhaltlich deutet. Dazu sei es
notwendig, mit der Schöpfung in Dialog zu treten und "das Bild als
Partner zu befragen, was es braucht".
Die Studierenden kommentierten ihre Erfahrungen in diesem Kurs
so: Es sei eine andere Wahrnehmung von Kunst, eine "Erweckung",
eine "Befreiung", das "Überschreiten einer Schwelle" oder
"Hindurchtreten durch ein Tor in einen neuen Raum, der mir zuvor
nicht bewusst war". Oder: Der künstlerische Prozess übertrage sich
auf die seelische Ebene des Menschen. Durch den direkten Bezug
zum Geistigen lerne der Mensch, die Dinge von der Unsichtbarkeit
in die Sichtbarkeit zu bringen. Brigitte Janoschka
19. Dezember um 19 Uhr: Vernissage zur Jahresausstellung in den
Räumen der Kunstakademie. Die Ausstellung dauert bis 22.
Dezember mit verschiedenen Führungen und Aktionen.